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PETRA BUCHEGGER


Felisa Interview
12´00´´      2011
Galicien, Spanien

Eine sehr kleinteilig strukturierte Landschaft prägen das Bild Galiciens an der Westküste. Jedes Haus scheint über einen eigenen Weingarten zu verfügen. Die Weinreben werden nach oben geführt und bilden dadurch ein grünes Dach unter dem jederman und -frau leicht gebückt hindurchgehen kann. Massive Granitblöcke jeweils an den Enden einer Weinzeile stützen diese zweite grüne Ebene. Zwischen den Weingärten gibt es Flächen mit Mais-, Kartoffel- und Krautäckern. Die Gärten ums Haus sind typische Nutzgärten mit einer Vielzahl an unterschiedlichen Obst und Gemüsesorten und auch häufig mit einem umzäunten Bereich für die freilaufenden Hühner.  Ziergärten existieren kaum. Das Leben ist geprägt durch viele Tätigkeiten rund ums Haus, das ganze Jahr hindurch. Die Form der „doppelten Ökonomie“ ist noch vorherrschend. D.h. auf der einen Seite existiert die Subsistenzwirtschaft  und auf der anderen Seite der Gelderwerb, wobei das erwirtschaftete Geld wiederum in die Subsistenzwirtschaft gesteckt wird, um die Arbeit zu erleichtern (z. B. durch den Kauf eines Kleinsttraktors oder anderer spezieller Geräte um die Kartoffelernte zu beschleunigen).
Auch Felisa und ihr Mann Amador besitzen ihre Gemüse-, Weingärten und Äcker für den ausschließlich eigenen Gebrauch. Zur Erntezeit helfen FreundInnen und NachbarInnen. Felisa trägt während all dieser Arbeiten eine Kittelschürze – für Galicien typisch eine karierte in verschiedenen Farben. Und nicht nur sie, zahlreiche andere Frauen haben diese Schürze im alltäglichen Gebrauch. Das bedeutet das das Landschaftsbild Galiciens wesentlich durch die arbeitenden Frauen in ihren Kittelschüren geprägt ist. Die Kittelschürze ist somit ein Indiz für die vorhandene Subsistenzökonomie Galiciens.
Felisa trägt wesentlich für den Gelderwerb der Familie bei. Seit 30 Jahren ist sie selbständig. Sie besitzt einen Marktstand und fährt an 7 Tagen der Woche frühmorgens mit ihrem Kleinbus zu einem der fünf verschiedenen Marktplätzen zwischen Portonovo und Padron. Nachmittags zwischen zwei und drei Uhr kehrt sie zurück. Sie verkauft ausschließlich Kittelschürzen. Sie ist quasi auf jedem Markt die Spezialistin für Schürzen unterschiedlichsten Typs. Die Auswahl ist unendlich groß: verschiedene Größen, Schnitte, Längen, mal mit Knöpfen mal zum „rumwickeln“, kariert oder im modernen Design – bestimmt für jede etwas dabei. Und ihr Geschäft floriert. Frauen unterschiedlichsten Alters kaufen bei ihr ein – es gibt sogar Schürzen für Kinder. Nun geht Felisa in Pension. Ihre Tochter Marife wird den Marktstand übernehmen.